5 Ansätze für neue Angebote, die die Urängste der Menschheit berücksichtigen

5 Ansätze für neue Angebote, die die Urängste der Menschheit berücksichtigen

Alles dreht sich um die existenzielle Frage: Wie soll ein Unternehmen seine Produkte verkaufen, wenn Kunden sich wegen Corona plötzlich ganz anders verhalten?

Am häufigsten höre ich zurzeit von Kunden: Im Moment interessiert sich kaum einer für mein Produkt.

Woran liegt das? Bisher lief es gut und jetzt plötzlich ist während und durch Corona das Interesse fast erloschen. Wenn Gastronomie geschlossen bleiben muss und aufgrund der als gefährlich eingestuften Situation mit dem neuen Coronavirus viele Unternehmen ihre Türen und Tore schließen mussten, kann nicht produziert werden. Das ist klar. Aber woran liegt es, dass die Nachfrage der Verbraucher in vielen Bereichen immer noch sehr zu wünschen übrig lässt?

Die Menschen sind verunsichert. Das wird durch widersprüchliche Meinungen und Behauptungen zusätzlich befeuert.

Die Menschen sind derzeit verunsichert. Das kommt zum einen vom Coronavirus an sich, von den unterschiedlichen Informationen, die wir erhalten. Virologen, die sich gegenseitig angreifen und verschiedene krass gegensätzliche Meinungen in der Bevölkerung. Demonstrationen, Gegner des aktuellen Kurses der Bundes- und Landesregierungen. Dazu kommt die Angst um den Arbeitsplatz, um unseren wirtschaftlichen Wohlstand in unserer Gesellschaft. Was passiert mit der Wirtschaft? Viele sind in Kurzarbeit. Was passiert mit dem Arbeitsplatz? Viele fragen sich, ob sie die Wohnungsmiete oder die Monatsraten für das Eigentum künftig noch bezahlen können. Das alles hat natürlich Auswirkungen auf das Kauf- und Konsumverhalten und Menschen kaufen nicht, wenn sie keinen für sie wichtigen Mehrwert haben.

Menschen suchen Normalität

Anfangs waren die meisten Menschen in einer Art Schockzustand. Jetzt ist er einer gefühlten Normalität gewichen. Menschen gehen wieder in den Biergarten oder ins Restaurant, treffen sich mit Freunden und im größeren Familienrahmen. Selbst Urlaub kann wieder gebucht werden. Die ersten Urlauber sind auf Mallorca und auch die Grenzen in den Norden wurden teilweise geöffnet. Aber ist all das wirklich etwas, was wir als „normal“ kennen? Viele Menschen trauen sich immer noch nicht in ein Lokal, planen ihren Urlaub zuhause, gehen nur im Notfall einkaufen, setzen die Maske nicht einmal auf der Straße ab.

Alles nur Fake?

Andere wiederum behaupten: Alles nur Fake. Es gab nie eine Coronakrise. Alles überzogen und fremdgesteuert mit dem Zweck, uns Bürger klein zu bekommen. Das befeuert die Unsicherheit. Das Virus und die gesamte Situation sind neu und keiner kann es wirklich zu 100% wissen, was gut oder schlecht ist. Nicht einmal Fachleute, Politiker und Erfahrungswerte anderer Länder können uns eine Garantie geben.

Wie kann es in einer Gesellschaft, die sich überall gut informieren kann, zu  diesen gegensätzlichen Turbulenzen kommen?

Die Evolution in der Urzeit der Menschheit spielt – neben persönlichen, anerzogenen oder erworbenen Persönlichkeitsmerkmalen – eine entscheidende Rolle. Die Zeit, wo der Mensch noch wirkliche Existenzangst um sein Leben haben musste. Angst vor wilden Tieren und dem gefressen-werden.

Das begleitet uns heute noch. Wenn auch unterschwellig. Angst um die Existenz, um das eigene Leben und das Leben der Liebsten.

Auch viele Unternehmen kämpfen derzeit um das Überleben. Sie sitzen sozusagen im selben Boot mit ihren Kunden.

Unternehmen können deshalb nur dauerhaft überleben …

1. … wenn sie die menschlichen Urängste ihrer Kunden und die gesamte Situation verstehen

Menschen haben während ihrer Evolution verschiedene Verhaltensweisen erlernt, mit denen sie Krisen gemeistert haben. Dieses Verhalten ist tief in uns verankert und wir können es nicht einfach abstreifen.

Menschen reagieren auf Krisen mit Stress. Stress ist von der Evolution her eine gut gemeinte Einrichtung für das tägliche Überleben aller Lebewesen.

Der US-amerikanische Physiologe Walter Cannon hat den Begriff Fight or flight (Kampf oder Flucht) geprägt, der später von Jeffrey Allan Gray um die Freeze-Phase erweitert wurde. Heut spricht man von freeze, flight, fight or fright. (Erhöhte Aufmerksamkeit ( „einfrieren“) , fliehen, kämpfen oder fürchten.)

und das, was dann passiert:

Im Fall von Gefahr werden schlagartig Hormone wie Adrenalin und Cortisol freigesetzt. Der sprichwörtliche Adrenalinstoß. Das ist im Moment der Gefahr gut, weil dann ungeahnte, oft fast übermenschliche Kräfte freigesetzt werden. Die brauchen wir zum Überleben, um beispielsweise nicht gefressen oder getötet zu werden. Im anhaltenden Dauerstress kann es aber im schlimmsten Fall zum Zusammenbruch führen. Das veranlasst uns zum Kampf oder bei genügender Zeit oder schlechter Aussicht auf Erfolg zur Flucht. Die Freeze Phase entspricht dem Zustand des „sich tot stellen“ und stellt sich ein, wenn weder Flucht noch Kampf eine Option sind.

2. … wenn sie die Themen dahinter verstehen und die Gefühle ihrer Kunden ansprechen.

Wir leben in einer sehr emotionalen Zeit. Menschen werden in dieser Zeit nur Geld für einen echten Mehrwert ausgeben. Entweder über ein Angebot, das ihnen in ihren momentanen Grundbedürfnissen hilft oder für ein Angebot, das ihre derzeitige Gefühle anspricht. Schaffe ein Angebot, das die Menschen in ihrer Situation abholt und wofür sie bereit sind, zu investieren. Dafür musst du verstehen, wie sich Menschen in der Coronakrise verhalten.

Verschiedene Phasen –  verschiedene Gefühle

Phase 1 – freeze.

Gefühl und Verhalten: erhöhte Aufmerksamkeit und Regungslosigkeit. Informationen werden aufgesogen. Man hält sich an Anordnungen der Regierungen und Empfehlungen der Virologen. Alles andere ist jetzt nicht wichtig. Es ist alles auf die Grundbedürfnisse des Menschen wie Essen, Trinken, Schlafen, Gesundheit ausgerichtet, das die Existenz des Lebens erhält. Die Phase kam bei den meisten Menschen um die Zeit des lockdowns.

Themen:

Grundsicherung des Lebens und der Existenz, Grundbedürfnisse, Sicherheit, Gesundheit, Finanzen

Phase 2 – flight.

 Gefühl und Verhalten: Sie flüchten vor der Situation. Bloß nicht hinschauen. Lieber einigeln zuhause. „Man macht das Beste“ draus und ignoriert die Situation so gut es geht. Vielleicht genießt man es sogar ein wenig, mehr Zeit für die wesentlichen Dinge zu haben. Für sich, die Familie und das Zuhause. Flucht in die Familie, in Tätigkeiten, die mit dem Nestbau zu tun haben. Es wird umgebaut, renoviert, Kuchen gebacken, abgelenkt. Ablenkung von dem, was passiert.

Themen:

Ablenkung, Ignoranz der Situation, Beschäftigung, Genuss schöner Dinge, Tätigkeiten im und ums Haus (renovieren, verschönern, backen und kochen), Streaming, Online Aktivitäten. Homeoffice und mit den Kindern spielen.

Phase 3 – fight.

Gefühl und Verhalten: Sie kämpfen dagegen. Wenn die Phase zwei abgeschlossen ist, kommt eine Leere auf. Diese wird gefüllt mit Widerstand. Alles wird in Frage gestellt. Das Virus an sich, die Politik, die Entscheidungen des eigenen Landes, der Wahrheitsgehalt der Medien (Fake News), die Verordnungen wie Maske tragen. Oder sie kämpfen dafür: Für mehr Gerechtigkeit, für Kita-Öffnungen, für ihre Rechte, für Lockerungen. Auf jeden Fall sind die meisten Menschen der Einschränkungen überdrüssig. Man sehnt sich nach den verloren geglaubten Freiheiten.

Themen:

Kampf um die neue Normalität. Um Identität, Weiterbildung, Anerkennung, Status, Zugehörigkeit zu Gruppen, das „Ich“ und das „Wir“, zu dem wir gehören.  Kampf um Freiheit und soziale Kontakte. Gruppenbildung, denn gemeinsam kämpft man schöner.

Oft ist mit Phase 3 der Verlauf abgeschlossen.

Alle Phasen können wieder neu durchlaufen werden. Von Phase 3 ist ein Rückgang zu Phase 1 möglich, wenn neue bedrohliche Situationen entstehen. Ebenso der Rückgang zu Phase 2. Es können Phasen auch übersprungen oder gar nicht bzw. schwach oder auch immer wieder durchgemacht werden.

Die Phase 4 – fright – führt zur Unbeweglichkeit und zur absoluten Blockade

Gefühl und Verhalten: Aufgeben. Totale Furcht mit dem „Tot stellen“ als Folge. Diese Phase heißt wird nur im Extremfall durchgemacht, wenn alle anderen Maßnahmen nicht zum Überleben ausreichen. Fright ist die letzte Option und hat eine wirkliche Immobilität zur Folge.

Themen:

Keine Möglichkeit, weg zu kommen oder zu entkommen (Im-mobilität) Zuhause eingesperrt, keine Aussicht auf Besserung, Aufgabe des Kampfes, Verzweiflung, beim Unternehmer bedeutet es oft Insolvenz.

Eine weitere Strategie: Die Tend- and befriend-Reaktion:

Frauen haben nach der Psychologieprofessorin Shelley Taylor zusätzlich noch eine weitere Strategie: Sie suchen Freundschaft und schließen sich in Gefahrensituationen schutzbietenden Gruppen an, um ihren Nachwuchs und sich selbst zu schützen. Sicher haben viele Männer ähnliche Bedürfnisse.

Themen:

Wunsch nach sozialen Kontakten und gegenseitiger Hilfe, Schutz des Nachwuchses und der Familie 

3. … wenn sie sich empathisch in ihre Kunden als Menschen hineinversetzen

Und zwar unabhängig davon, ob sie an Endverbraucher oder an B2B Kunden verkaufen. Denn auch bei Businesskunden haben Unternehmen mit Menschen zu tun: Anwender, Informanten, Berater, Einkäufer, Entscheider. Sie gehören auch zur Gruppe der Menschen, die derzeit ganz unterschiedlich auf die Corona Situation reagieren und deshalb ambivalente Empfehlungen für den Kauf von Produkten abgeben. Zusätzlich sind Unternehmen auch im B2B Bereich abhängig vom Verhalten der Endverbraucher. Werden dort andere Dinge nachgefragt, als das Unternehmen normalerweise liefert,  ist das Unternehmen als Lieferant plötzlich abserviert.

4. … wenn sie mit ihren Kunden zusammenarbeiten

Besonders, wenn sie mit Businesskunden zu tun haben, brauchen sie deren rasche Resonanz. Unternehmen sollten sich in die Entwicklung von neuen Produkten frühzeitig einbinden lassen. Dann kann schnell auf Veränderungen reagiert werden und man weiß als Lieferant, wie und woran man sich anpassen kann.  Wenn du Unternehmer bist: Bringe deine Ideen ein!

Wenn Unternehmen mit Endverbrauchern zu tun haben, sollten sie mit ihnen im Gespräch bleiben. Gerade jetzt ist es wichtig, Umfragen bei den Kunden zu machen und zufragen, was ihnen jetzt helfen kann. Wenn du Unternehmer bist: Beobachte ihr Verhalten, ob das sich mit dem, was sie sagen deckt oder ob es hier Unterschiede gibt.

5. … wenn sie ihren Kunden etwas in ihrer neuen Situation liefern können, das ihnen so viel wert ist, dass sie bereit sind zu investieren.

Überlege dir, wie du für die jeweiligen Phasen ein Angebot erstellen kannst, das Probleme, Wünsche und Bedürfnisse aus den unterschiedlichen Phasen erfüllen kannst. Sammle deine Ideen zu neuen oder angepassten Angeboten. Berücksichtige die jeweiligen Gefühle!